KFZ-Revue 24 – Nr. 1, Agentur nicht gleich Agentur?
Überblick zum Schlussbericht des Sekretariats der WEKO vom 3. September 2024 in Sachen Vorabklärung Y. -Agenturverträge


Der erste Beitrag unseres Jahresrückblicks «KFZ-Revue 24» gibt einen Überblick zu einem Schlussbericht des Sekretariats der WEKO betreffend die Vorabklärung  von Agenturverträgen eines Kraftfahrzeuganbieters. Gegenstand der Vorabklärung war die Frage, ob das vom Kraftfahrzeuganbieter vorgesehene Agenturmodell für Fahrzeuge und (Ersatz-)Teile die Voraussetzungen der echten Agentur erfüllt oder ob Anhaltspunkte für eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung bestehen.

Ergebnis:

Nach Einschätzung des Sekretariats der WEKO erfülle das Agenturmodell die Voraussetzungen der echten Agentur nicht vollständig. Damit bestünden Anhaltspunkte dass das Agenturmodell zu einer unzulässigen Preisabrede führen könnte. Das WEKO-Sekretariat verzichtet jedoch auf definitive Schlussfolgerungen im Rahmen einer Vorabklärung sowie auf die Beantragung einer Eröffnung einer Untersuchung, sofern der Kraftfahrzeuganbieter die Anregungen des WEKO-Sekretariats umsetzt.


Hintergrund:

Ein führendes Unternehmen im Automobilmarkt hat für eine bestimmte Marke vom bisherigen Händlermodell auf ein zentrales Agenturmodell umgestellt. Das Vergütungssystem sieht vor, dass sämtliche wesentliche vertrags- und marktspezifische  Kosten und Investitionen durch das führende Unternehmen im Automobilmarkt getragen werden, aber im Gegenzug wird der Händler für die verkauften Fahrzeuge mit Provision vergütet.


Die Charakteristik des Agenturmodells ist, dass ein Unternehmen die Preise und Kundeninteraktionen direkt steuern kann, während der Agent des Unternehmens bloss als verlängerter Vertriebspartner auftritt. Die Agenten haben im Unterschied zum bisherigen Händlermodell keine Eigentumsrechte an den verkauften Fahrzeugen und tragen keine wesentlichen finanzielle oder wirtschaftliche Risiken.

Falls der Händler als echter Agent qualifiziert wird, können in Bezug auf den Vertragsgegenstand des Händlers mit dem Autohersteller keine Wettbewerbsabreden nach Art. 4 Abs. 1 KG getroffen werden. Denn sie können durch ihre Beziehung nicht mehr als unabhängige Marktteilnehmer handeln. Falls die Anregungen des Sekretariats umgesetzt werden, sind die Voraussetzungen des echten Agenten erfüllt und es liegt keine Wettbewerbsabrede vor. Falls die Anregungen hingegen nicht erfüllt werden und kein echter Agent vorliegt, könnten Wettbewerbsabreden vorliegen, welche unzulässig wären und zu Sanktionen führen könnten.


Im vorliegenden Fall beabsichtigte der Kraftfahrzeuganbieter seine Fahrzeuge in der Schweiz inskünftig im Agenturmodell zu vertreiben. Durch die Vorgaben des Kraftfahrzeuganbieters, könnten Festpreise entstehen. Denn die Händler verkaufen gemäss dem Agenturvertrag die Fahrzeuge im Namen vom Kraftfahrzeuganbieter zu den vom Kraftfahrzeuganbieter festgelegten Verkaufspreis. Die Händler dürfen weder direkt noch indirekt den Verkaufspreis, Bestandteile des Verkaufspreises oder gesonderte Zusatzkosten, die dem Kunden von oder im Namen vom Kraftfahrzeuganbieter in Rechnung gestellt werden, ändern. Sie dürfen dem Kunden keine Rabatte gewähren, auch nicht zu Lasten ihrer Provision. Dies könnte im Fall, dass das Agenturmodell nicht anwendbar ist, zu einer unzulässigen Wettbewerbsabrede führen.

Beurteilungskriterien WEKO-Sekretariat:

Das WEKO-Sekretariat ist in der Vorabklärung zum Schluss gekommen, dass die Voraussetzungen für einen echten Agenten nicht vollständig erfüllt seien. Erst durch die Erfüllung der nachstehenden Anregungen des WEKO-Sekretariats wären die Voraussetzungen für einen echten Agenten erfüllt und Fragen bezüglich einer möglichen Wettbewerbsabrede würden sich erübrigen.



Anregungen des WEKO-Sekretariats:

Das Sekretariat der WEKO  regt folgende Massnahmen an, die darauf abzielen sollen, Transparenz zu schaffen, Wettbewerbseinschränkungen zu verhindern und eine rechtlich korrekte Umsetzung des Agenturmodells sicherzustellen.

  • Liste der durch die Provision abgegoltenen Kosten. Eine vollständige, leicht verständliche Liste der durch die Provision gedeckten vertrags- und marktspezifischen Kosten.

  • Kostenübernahme nicht erfasster Leistungen. Der Kraftfahrzeuganbieter übernimmt alle wesentlichen vertrags- und marktspezifischen Kosten, die nicht klar dem Agenturvertrag zugeordnet werden.

  • Vertragliche Regelungen. Vertragliche Regelungen zu Nachschusszahlungen bei unzureichender Provision, Maximalbeträge bei Kosten für anrechenbare Kosten, Marktspezifische Investitionen vor Vertragsbeginn zur Berücksichtigung nicht abgeschriebener Investitionen und der Zeitraum für Investitionen sind im Agenturvertrag aufzunehmen.

  • Nachweis der Umsetzung. Die Umsetzung der Massnahmen sind dokumentiert und müssen dem Sekretariat der WEKO überreicht werden.